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Nicole Y. Männl

Wie man sein Lesepublikum fesselt

Mein Lesepublikum, das sind die wichtigsten Menschen für meinen Artikel. Dabei ist es ganz gleich ob der Artikel privat oder für ein Corporate Blog erscheint. Warum soll mein Lesepublikum gerade diesen Artikel lesen? Schauen wir uns einige Gedanken bei der Entstehung eines Artikels an.

Es fängt mit der Überschrift an, dass ich das Interesse wecke, doch wie geht es für mich – als Autorin gedanklich – weiter? Wie gehe ich an einen Artikel heran, wenn er sehr emotional ist? Oder wenn ich ein bestimmtes Lesepublikum ansprechen möchte? Wie erreiche ich einen guten Fokus und damit meine Zielgruppe?

Mein erster Gedanke beim Schreiben eines Artikels geht ans Lesepublikum

Sie, ja, Sie! Genau, du bist gemeint! Eine erste Entscheidung steht bevor: Duzen oder Siezen? Dabei hilft es mir, wenn ich mir vorstelle, welches Lesepublikum ich ansprechen möchte. Stellvertretend für diese Gruppe nehme ich eine (fiktive) Person und adressiere meine Gedanken an sie.

Für diesen Artikel habe ich sogar einen ganz bestimmten Corporate-Blog-Autoren im Kopf. Eine reale Person kann sehr hilfreich sein. Das kommt aber darauf an, wie man selber am besten „funktioniert“. Der Gedanke, ich könnte meiner Person auch eine E-Mail mit diesen Tipps schreiben, macht es für mich leichter. Weil ich so eine gute Vorstellung habe, wo mein Blogcoaching weiter ansetzen kann.

Meine Person, die ich mir gerade vorstelle: Ich habe einen ideenreichen Autor eines Corporate Blogs vor mir, der schon gut schreibt, aber noch ein paar Tipps (für Fortgeschrittene) gebrauchen könnte, um sich weiterhin zu verbessern.

Zu meinem Lesepublikum gehört also die Zielgruppe „Autor/in eines Corporate Blog mit „weichen Themen“ (kein Tech) im mittleren Alter. Wobei die Eingruppierung des Alters dehnbar ist. Aber ich wende mich jetzt eben nicht an sehr junge Privatblogger, die gerade mit dem Bloggen angefangen haben. Wenn sie den Artikel dennoch lesen, ist das fein für mich. Ich will ja keinen aussperren, sondern lege mich nur auf einen Lesertypus fest. Das geht bestimmt nicht bei jedem Artikelthema, aber mir hilft es ungemein für das Eintauchen in meinen Artikel und für die ersten Zeilen bis zum Schluss.

Mein erster Tipp lautet also:

Schreibe für eine bestimmte Person, die stellvertretend für dein Lesepublikum steht

Und da ich die Person (die ich mir gerade vorstelle) duze, werde ich das hier, in diesem Artikel auch tun. Klingt erstmal nach einer einfachen Entscheidung. Das ist es aber dieses Mal nicht gewesen. Da ich hier nicht privat blogge, sondern mein Freiberufler-Blog nutze. Und wenn ich jetzt den Anspruch hätte, möglichst viele Menschen (Kunden) und Situationen zu berücksichtigen, trete ich dem nun entgegen. Nein, ich fokussiere mich auf eine Person. Zusätzlich greife ich mir jetzt bestimmte wichtige Eigenschaften der Person heraus. Ich nehme nur die Eigenschaften, die für diesen Artikel wichtig sind. Beispielsweise beschäftigt sich meine Person viel mit anderen Menschen und der zwischenmenschlichen Kommunikation.

Ist es für mich in diesem Moment wichtig, ob meine Person Single ist oder eine Paarbeziehung oder Kinder hat? In diesem Artikel ist es das nicht. Für andere Artikel kann das sehr wichtig sein und ist ein einfaches Beispiel zur Verdeutlichung, was ich meine. Wenn es für mich und meinen Artikel wichtig ist, dann bleibe ich bei dieser Person wie sie ist – ganz gleich ob fiktiv oder real.

Ein Beispiel dazu: Wenn ich über Singles schreibe, dann bleibe ich in der Perspektive des Singles. Spielen Kinder keine Rolle, dann versuche ich nicht in einem Nebensatz auch noch schnell die „kinderreiche Familie“ mit unterzubringen, sondern verzichte lieber darauf, wenn dies einen komplizierten Perspektivwechsel nötig machen sollte.

 

Mein zweiter Tipp: Schreibe im Corporate Blog wie ein Mensch — und nicht wie ein Psychologe oder Wissenschaftler

Sprich in deinem Artikel von Mensch zu Mensch. Teile deine Erfahrungen und Gedanken. Stelle dich nicht über eine Situation, sondern begebe dich mitten hinein. Beobachte und überlasse die Beurteilung deinem Lesepublikum. Auch wenn du viel weißt, sei kein Besserwisser. Selbstverständlich darfst du Tipps geben und deine Meinung ausdrücken.Du darfst auch Fachausdrücke benutzen – dann erkläre sie in einfachen Worten.

Ganz klar darfst du deine Beobachtungen auch belegen. Bei Zahlenangaben ist das sogar notwendig. Aber es fesselt das Publikum viel mehr, wenn du die Geschichte aus der menschlichen Sicht erzählst. Damit sind wir beim nächsten Punkt.

Lesepublikum mag keine Belehrung

Mein dritter Tipp: Erzähle eine Geschichte und bleib dabei nachvollziehbar

Das sind gleich zwei Leserwünsche auf einmal. Das sogenannte „Storytelling“, also eine Erkenntnis oder Erfahrung in eine Geschichte einzubetten, macht das Lesen kurzweiliger und unterhaltsamer. Keiner möchte belehrt werden, sondern möchte lieber etwas erleben und dabei zu eigenen Erkenntnissen gelangen. Zusätzlich sollte der Autor beim Storytelling noch nachvollziehbar den roten Faden verfolgen, den das Lesepublikum benötigt, um „mitzukommen“. Lass den Leser nicht an der Ecke stehen. Lass ihn sich bei dir einhaken und nimm ihn mit.

Anders ausgedrückt: Wenn ich über eine Situation schreibe und dabei in die Vergangenheit oder die Zukunft gesprochen wird, sollte ich nicht ständig zusätzlich die Orte der Situation oder sogar die Personen wechseln. Dafür mache ich mir vorher Gedanken, wo ich mich in meinem Artikel befinde – wo starte ich, wohin geht die Reise und wo schließe ich? Mit wem ich spreche oder agiere und was passiert, überlege ich mir vor dem Schreiben. Man kann springen, sollte aber nicht zu „sprunghaft“ werden.

Kleine Überleitungen sind beispielsweise bei einem unumgänglichen Ortswechsel wichtig, um das Lesepublikum mitzunehmen. Man kann es mit einem Film vergleichen: Wenn der Übergang fehlt, dann ist es ein harter Schnitt. Das kann zwar auch ein Stilmittel sein, verwirrt das Lesepublikum jedoch gegebenenfalls. Ist dieser Ortswechsel so wichtig, dass ich ihn einbauen muss? Dann tue ich das. Ist es egal, wo die Handlung spielt, dann genügt eine Andeutung.

Man muss auch nicht alles bis ins Kleinste ausschmücken, wenn es nicht wichtig ist. Der Spagat gelingt, wenn ich so viele Informationen (über Emotionen und Fakten) wie nötig gebe und dabei gleichzeitig genügend Raum lasse, damit beim Lesepublikum die eigene Phantasie anspringt und die kleinen Informationslücken auffüllt. Beispielsweise könnte es unwichtig sein, ob in meinem Artikel die Hauptperson blond oder brünett ist. Habe ich jedoch einmal festgelegt, dass die Person eine bestimmte Haarfarbe hat, dann sollte ich dabei bleiben. Das sehe ich auch als wichtig an, wenn ich den Artikel bebildere.

Vierter Tipp: Strukturiere mit einfachen Mitteln

Wie du, mein Lesepublikum merkst, ich adressiere meine Tipps immer noch an dieselbe Person. Ich bin immer noch beim Thema eines eher emotionalen Blogartikels in einem Corporate Blog. Mein roter Faden sind die Tipps, die sich immer an dieselbe Person richten. Daher habe ich sie nummeriert – was nur ein Stilmittel von vielen ist. Ich habe hier eine Unterteilung eingefügt, um deutlich zu machen, dass ein neuer Aspekt folgt. Ganz wichtig dabei, finde ich, ist die Gliederung mit der jeweiligen Überschrift.

Roter Faden für das Lesepublikum
Ich versuche kurze Sätze zu bilden. Ich drücke mich klar aus, finde ich. Dabei ist es wichtig, dass man keinen Telegrammstil oder abgehackte Sätze verwendet. Manchmal verfallen wir in eine „Messenger-Sprache“ und lassen bestimmte Wörter weg, vielleicht sogar um das Lesepublikum nicht zu langweilen oder weil wir die Wortzahl am Ende des Artikeleditors im Blick haben.

Darf man keine langen Sätze schreiben? Wenn ich selber schnell denke und dieses in der verkürzten Form notiere, dann muss ich dabei berücksichtigen, dass mein Lesepublikum vielleicht nicht mitkommt oder meinen Schreibstil als abgehackt empfindet. Es sind also auch längere Sätze erlaubt!

Am besten, finde ich, schreibt man den Artikel erstmal herunter und geht dann ans Redigieren. Verschachtelte Bandwurmsätze lassen sich beim Korrekturlesen des fertigen Artikels am besten „entknoten“. Man sollte jedoch nicht den Bandwurmsatz in drei stakkatoartige Sätze aufteilen, um dem Anspruch gerecht zu werden, kurze Sätze zu schreiben. Solange ein langer Satz im Kontext gut verständlich und nachvollziehbar ist, darf er so bleiben!
 

Wecke Emotionen – gehe in die Tiefe

Das ist leicht gesagt! Die Emotionen beim Lesepublikum zu wecken ist ein Balanceakt. So als ob man von einem hohen Berg zum nächsten gelangen muss und dazwischen nur ein dünnes Seil als wackelige Brücke gespannt ist. Vor den eigenen Füßen liegt der tiefe dunkle Abgrund, der bedrohlich wie der Blick in das aufgerissene Maul eines Löwens wirkt. Nur noch wenige Sekunden, dann …

Merkst du, was ich meine? Warst du nicht eben auch schon voll im Thema, dass du dir vorgestellt hast, du müsstest dieses Abenteuer erleben?

Ich habe Emotionen bei dir geweckt.

Emotion beim Lesepublikum

Welche auch immer. Entweder bist du ein Hochseilartist und wärst begeistert oder du bist ein höhenängstlicher Mensch, bei dem sich schon beim Gedanken an den tiefen Abgrund eine schaurige Gänsehaut einstellt. In jedem Fall hast du die Gefahr bemerkt, weil ich sie lebhaft geschildert habe und verglichen habe.

Mehr muss man zum Thema Emotionen wohl nicht sagen. Setze Bilder ein, die passen. Das darf auch „um die Ecke“ und mit Vergleichen passieren wie hier. Benutze Wörter, die etwas auslösen!

Sechster Tipp: Schreibe das, was deine Leser interessiert

… und nicht das, was du gern selber lesen möchtest. Versetze dich in dein Lesepublikum hinein. Hier hilft dir wieder die eine bestimmte Person, an die du beim Schreiben denkst. Was interessiert meine Person? Welche Fragen hat sie, bevor sie den Artikel liest. Welche Fragen hat sie, wenn sie den Artikel gelesen hat? Kann ich diese Fragen vielleicht beantworten (durch weiteres Hinzufügen von Informationen)? Oder lasse ich bewusst Dinge offen, die gefragt beziehungsweise als Kommentar vom Lesepublikum hinzugefügt werden sollen?

Empathie ist hier ein wichtiges Stichwort. Nimm dir einfach die Zeit, bevor du das erste Mal für einen Artikel deine Tastatur berührst. Versuche wie deine reale oder fiktive Person zu denken und zu fühlen. Was erwartet deine Person? Erfülle die Wünsche und mache dein Lesepublikum glücklich, fessele es, provozier es oder was auch immer – solange du mit dem gewissen „Herzblut“ bei einem Artikel dabei bist!

Letzter Tipp zum Schluss: Ende nicht abrupt

Wenn ich jetzt auf meine Wortanzahl schaue, dann sehe ich schon über 1520 Wörter. Ist das ein Grund sofort und abrupt aufzuhören? Ich finde nicht! Wenn du bis hierhin gelesen hast, dann kannst du auch erwarten, dass ich dich gebührend „verabschiede“. Dass ich dir etwas mit auf den Weg gebe. Sollte ich noch etwas zusammenfassen? Oder lieber nicht? Es gibt viele Möglichkeiten für einen Artikel ein gutes Ende zu finden.

Wie wäre es mit diesem Absatz zum Schluss: Ich freue mich darüber, wenn dir meine Gedanken ein bisschen Inspiration gegeben haben. Selbst wenn es nur ein Punkt war, der für dich besonders hilfreich erschien. Ich habe dich auf meine Erlebnisreise mitgenommen und mit sieben Punkten „gefesselt“. Kennst du noch einen achten, neunten oder zehnten Punkt, der wichtig für dich ist, wenn du dein Lesepublikum fesseln willst?

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